Neuerungen im Arbeitsrecht durch das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz („BEG IV“)

I. Arbeitsbedingungen in Textform

Nach der bisherigen Fassung des Nachweisgesetzes aus dem Jahr 2022 („NachwG“) waren Arbeitgeber rechtlich verpflichtet, die wesentlichen Arbeitsbedingungen – im Rahmen des Arbeitsvertrages oder in seinem gesonderten Dokument – in Schriftform nachzuweisen.

Seit dem 1. Januar 2025 dürfen wesentlichen Arbeitsbedingungen in Textform abgefasst und auf elektronischem Wege an die Arbeitnehmer übermittelt und damit nachgewiesen werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das jeweilige Dokument für den Arbeitnehmer zugänglich gemacht wird und von ihm gespeichert und ausgedruckt werden kann. Zudem muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Empfangsbestätigung aufgefordert haben.

Allerdings kann ein Arbeitnehmer auch nach neuem Recht nach wie vor verlangen, dass ihm die wesentlichen Arbeitsbedingungen in Schriftform ausgehändigt werden (§ 2 Abs. 1 S. 3 NachwG n. F.). Einem solchen Verlangen muss der Arbeitgeber unverzüglich – also innerhalb von 7 Tagen – entsprechen und das selbst dann, wenn er zuvor eine Zusammenfassung in Textform ordnungsgemäß übermittelt hat.

II. Ausnahmen

Ausgenommen von dieser Formerleichterung sind sog. gefahrgeneigte Branchen, die in § 2 Abs .1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz aufgelistet sind. Unter anderem im Bau- und Gaststätten- sowie Beherbergungsgewerbe, im Speditions-, Transport- und Logistikgewerbe sowie in der Fleischwirtschaft ist ein Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen weiterhin in Schriftform erforderlich.

Zudem bleibt das Schriftformerfordernis für Befristungsvereinbarungen nach § 14 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz („TzBfG“) von der neuen Flexibilisierung unberührt. Da die Vereinbarung einer Befristung weiterhin zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedarf, bedeutet das für die Praxis, dass befristete Arbeitsverträge auch zukünftig schriftlich geschlossen werden.

Ferner unterliegen nachvertragliche Wettbewerbsverbote im Sinne des § 74 Handelsgesetzbuch („HGB“) weiterhin der Schriftform, sodass entsprechende Arbeitsverträge auch zukünftig schriftlich abgefasst werden.

Zwischenfazit: Aufgrund der zuvor beschriebenen umfangreichen Ausnahmen zu der Formerleichterung durch das BEG IV empfehlen wir auch zukünftig weiterhin den Abschluss des Arbeitsvertrags in schriftlicher Form. Diese Form kann „nachgezogen“ werden, wenn der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber – spätestens mit Arbeitsaufnahme - vor Ort ist, nachdem der Arbeitsvertrag zuvor elektronisch wirksam abgeschlossen wurde.

III. Elektronische Arbeitszeugnisse

Bislang mussten Arbeitszeugnisse nach § 109 Abs. 3 Gewerbeordnung a. F. („GewO“) in Schriftform erteilt werden.

Das BEG IV ermöglicht es Arbeitgebern, mit Einwilligung des jeweiligen Arbeitnehmers ein Arbeitszeugnis auch in elektronischer Form nach § 126a BGB (unter Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur („qeS“)) zu erteilen.

Willigt der betroffene Arbeitnehmer nicht ein, verbleibt es allerdings bei der bisherigen schriftlichen Zeugniserteilung.

Da die Einrichtung und Unterhaltung elektronischer Signaturen zeit- und kostenintensiv sind, dürfte dieser Möglichkeit – noch – keine große praktische Bedeutung zukommen.

IV. Wegfall von Aushangpflichten

Bisher mussten Arbeitgeber eine physische Kopie des Arbeitszeitgesetzes („ArbZG“) sowie des Jugendarbeitsschutzgesetzes („JArbSchG“) im Betrieb auslegen. Mit dem BEG IV ist diese Verpflichtung entfallen. Stattdessen können die Gesetzestexte den Arbeitnehmern nach § 16 Abs. 1 ArbZG n. F. und §§ 47, 48 JArbSchG n. F. mit „betriebsüblicher Informations- und Kommunikationstechnik“ zur Verfügung gestellt werden. Das bedeutet, dass eine Veröffentlichung z. B. im Intranet eines Unternehmens grundsätzlich ausreichend wäre, sofern alle Beschäftigten einen ungehinderten Zugang zu den Informationen haben.

V. Entgeltabrechnungen elektronisch

Schließlich hat das Bundesarbeitsgericht soeben die Digitalisierung weiter gefördert, in dem es mit Urteil vom 28.01.2025 (9 AZR 48/24) klargestellt hat, dass Arbeitgeber ihre Verpflichtung zur Abrechnung des Arbeitsentgelts in Textform dadurch erfüllen können, dass sie die Abrechnung als elektronisches Dokument zum Abruf in ein passwortgeschütztes digitales Mitarbeiterpostfach einstellen.

VI. Ausblick

Die mit dem BEG IV einhergehenden Formerleichterungen sind ein praktischer Schritt in Richtung Digitalisierung und Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse.

Aufgrund der bisherigen langjährigen Praxis und der Vielzahl von Ausnahmen ist allerdings zu erwarten, dass der Großteil der Arbeitgeber und Arbeitnehmer – jedenfalls vorerst – weiterhin an der schriftlichen bzw. physischen Dokumentation von Arbeitsverhältnissen festhalten wird.

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