Uneingeschränkte Verfallsklausel für Arbeitsvertragsansprüche ist insgesamt unwirksam!

Liebe Leserin,
lieber Leser,

wir möchten Sie über ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts informieren, das sich mit der Wirksamkeit von vertraglichen Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen beschäftigt.

Unter einer Ausschlussfrist (oft auch als „Verfallsklausel“ bezeichnet) versteht man vertraglich vereinbarte Fristen, innerhalb welcher ein Anspruch angezeigt oder eingeklagt werden muss. Wird der Anspruch nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht, verfällt dieser ersatzlos!

Der Entscheidung des BAG lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger war bei dem Beklagten als Fußbodenleger beschäftigt. Der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag vom 01.09.2015, enthielt eine sogenannte „Verfallsklausel“ mit folgendem Inhalt:

Alle beidseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, sollten sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden.

Weitere Regelungen, insbesondere Einschränkungen der Verfallsklausel z.B. im Hinblick auf den Mindestlohn, der ab dem 01.01.2015 zu zahlen ist, wurden nicht vereinbart.

Der Arbeitgeber kündigte dem Arbeitnehmer, woraufhin es zu einem Kündigungsrechtsstreit kam, der mit einem Vergleich endete. In diesem Vergleich verpflichtete sich der Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis, das am 15. August 2016 endete, innerhalb eines Monats ordnungsgemäß abzurechnen. Da die Abrechnung, die der Arbeitnehmer im Oktober erhielt, keine Urlaubsabgeltung auswies, klagte der Arbeitnehmer im Januar 2017 erneut vor dem Arbeitsgericht, da ihm noch 15 Urlaubstage zustanden. Zu spät, meinte der Arbeitgeber. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung sei verfallen, da er nicht rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfrist gegenüber dem Arbeitgeber selbst geltend gemacht wurde. Somit sei der Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von rund 1.600,00 EUR ersatzlos verfallen.

Nachdem der Kläger noch in 1. Instanz gewonnen hatte, obsiegte der Arbeitgeber in der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg, so dass nunmehr das BAG diese grundsätzliche Frage entscheiden musste.

Das BAG entschied, dass vorformulierte arbeitsvertragliche Verfallsklauseln für alle vertraglichen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ohne weitere Einschränkungen, gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoßen. Solch eine Klausel ist für den Arbeitnehmer nicht klar und verständlich formuliert, da unklar ist, was diese Klausel für Ansprüche aus dem Mindestlohngesetz bedeuten.

Uneingeschränkte Verfallsklauseln nehmen entgegen der ausdrücklichen Regelung des § 3 Satz 1 MiLoG den gesetzlichen Mindestlohn nicht aus und sind daher insgesamt unwirksam, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31.12.2014 geschlossen wurde. Eine Auslegung dahingehend, dass die Verfallsklausel - unter Einschränkung des Anspruchs auf Mindestlohn - in ihren sonstigen Bestandteilen wirksam bleibt, lässt weder der Wortlaut des § 3 Satz 1 MiLoG noch eine Auslegung nach dessen Sinn und Zweck zu.

Entsprechend konnte der Arbeitgeber sich im vorliegenden Fall nicht auf eine Ausschlussfrist berufen, so dass dem Kläger der Anspruch auf Urlaubsabgeltung zugesprochen wurde.

Praxistipp:

Verfallsklauseln sind auch im Rahmen eines Arbeitsvertrages weiterhin zulässig, müssen jedoch transparent gestaltet werden. Der gesetzliche Mindestlohn ist dabei stets von der Verfallsklausel auszuschließen.

Derartige Klauseln haben für beide Vertragsparteien eine besondere praktische Bedeutung und sollten fortlaufend auf rechtliche Aktualität überprüft werden. Für den Fall, dass eine unwirksame Verfallsklausel ab dem 01.01.2015 vereinbart wurde, sollte zeitnah ein entsprechender Nachtrag, der klarstellt dass der gesetzliche Mindestlohn nicht umfasst wird, geschlossen werden. Die Klausel in der hier besprochenen Entscheidung ist auch im Hinblick auf das Schriftformerfordernis der Geltendmachung eines Anspruchs problematisch. Bereits vor einiger Zeit hatten wir Sie darüber informiert, dass mit Änderung des § 309 Nr. 13 BGB die Schriftform für solche Erklärungen nicht mehr gefordert werden kann, sondern lediglich auf die Textform (z.B. E-Mail, Fax) abzustellen ist. Eine Ausschlussklausel ist daher auch nur dann wirksam, wenn für die Geltendmachung von Ansprüchen die Textform gefordert wird.

Die Rechtsprechung bleibt im Hinblick auf die Arbeitsvertragsgestaltung also weiter im Fluss. Wir halten Sie informiert.

Kommen Sie bei Fragen gerne auf uns zu.

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