Verschärfung der Nachweispflichten für Arbeitgeber

Heute möchten wir Ihnen die neuste Gesetzesnovelle aus dem Bereich Arbeitsrecht vorstellen, die der Deutsche Bundestag am vergangenen Donnerstag, den 23. Juni 2022, fast unbemerkt verabschiedet hat. Danach sollen bereits ab dem 01.08.2022 die Vorschriften des Nachweisgesetzes zulasten der Arbeitgeber - verschärft werden. Wir möchten Ihnen wichtigsten Neuerungen wie folgt darstellen:

Ausgangslage

Schon heute sieht das Nachweisgesetz eine Vielzahl von Nachweispflichten des Arbeitgebers vor, die in der Praxis jedoch bislang nur wenig Bedeutung haben. So muss Stand heute ein Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses – wenn nicht bereits ein schriftlicher Arbeitsvertrag mit diesem Inhalt geschlossen wurde – die wesentlichen Vertragsbedingungen, z.B. den Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses, eine etwaige Befristung bzw. die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses, den Arbeitsort, die vereinbarte Arbeitszeit und den jährlichen Erholungsurlaub, schriftlich festhalten, das Dokument unterzeichnen und dem Arbeitnehmer aushändigen.

Bezweckt wird damit, dem Arbeitnehmer auch ohne schriftlichen Arbeitsvertrag eine sichere Auskunft über Inhalt und Tragweite seiner Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zu erteilen. Kommt der Arbeitgeber dem Nachweis nicht nach, kann ihn der Arbeitnehmer auf Erfüllung seiner Nachweispflichten verklagen sowie im Einzelfall Schadensersatz verlangen, falls dem Arbeitnehmer hieraus ein finanzieller Schaden entstanden ist. Da Letzteres nur ausnahmsweise der Fall ist, bleibt für den Arbeitgeber der Verstoß gegen das Nachweisgesetz praktisch folgenlos. Insbesondere ordnet das Gesetz in seiner bisherigen Fassung kein Bußgeld für den Fall der Zuwiderhandlung an.

Was ändert sich nun?

Mit der Umsetzung der europäischen Richtlinie (EU) 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union ändert sich dies nun. Die hieraus resultierenden Neuerungen haben für die Gestaltung von Arbeitsverträgen weitreichende Folgen, zumal ein Verstoß gegen die Nachweispflichten für den Arbeitgeber zukünftig eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit darstellt.

Erweiterte Nachweispflichten

Die neue Fassung des Nachweisgesetzes sieht insbesondere eine wesentliche Erweiterung bzw. auch mehr Details der arbeitgeberseitigen Nachweispflichten vor. Exemplarisch:

  • Vergütungshöhe und die einzelnen Vergütungsbestandteile – Grundgehalt, Prämien, Zuschläge und Zulage, Überstundenvergütung und zusätzliche Sonderleistungen - müssen aufgeschlüsselt werden.
  • Auch die Art (z. B. bargeldlos) und die Fälligkeit der Auszahlung sind schriftlich zu fixieren.
  • Die Probezeit – sofern vereinbart – sowie die hierfür geltende Probezeitkündigungsfrist müssen schriftlich fixiert werden.
  • Ganz überraschend ist jedoch die nunmehr notwendige Auskunft über die bei Kündigung einzuhaltenden Modalitäten – wie z. B. Schriftformerfordernis oder die im konkreten Fall geltenden Kündigungsfristen. Insbesondere soll der Arbeitgeber den Arbeitnehmer für den Fall einer Arbeitgeberkündigung auf die dreiwöchige Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG ausdrücklich hinweisen.
  • Die neuen Nachweispflichten betreffen auch Ruhepausen und Ruhezeiten, die Modalitäten eines Schichtsystems oder auch die Möglichkeit zur Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzung.
  • Sollte eine betriebliche Altersversorgung (bAV) zugesagt sein, so ist auch die Identität des Versorgungsträgers anzugeben.
  • Im Falle eines länger als vier aufeinanderfolgenden Wochen dauernden Auslandseinsatzes gelten zusätzlich weitergehende Nachweispflichten.

Verkürzte Handlungsfristen

Ferner wurde gleichzeitig die bisher geltende Monatsfrist zur Niederschrift der wesentlichen Arbeitsbedingungen deutlich verkürzt:

So müssen bereits spätestens am ersten Tag der Arbeitsaufnahme die Angaben zu Namen und Anschrift der Vertragsparteien, zur vereinbarten Arbeitszeit sowie zur Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts schriftlich abgefasst und dem Arbeitnehmer ausgehändigt werden.

Spätestens sieben Tage nach Arbeitsaufnahme hat der Arbeitgeber unter anderem den Beginn des Arbeitsverhältnisses, die Dauer der Probezeit, den Arbeitsort, die Leistungsbeschreibung und die Möglichkeit und Voraussetzungen der Überstundenanordnung schriftlich festzuhalten.

Für die übrigen nachzuweisenden Arbeitsbedingungen gilt weiterhin die Monatsfrist.

Auch für bestehende Arbeitsverhältnisse gilt nun eine verkürzte Handlungsfrist: Ändern sich die wesentlichen Arbeitsbedingungen im laufenden Arbeitsverhältnis, so reicht es künftig nicht mehr aus, diese spätestens einen Monat nach Änderung mitzuteilen – die schriftliche Mitteilung hat vielmehr spätestens am gleichen Tag, an dem die Änderung wirksam wird, zu erfolgen.

Neue Sanktionen

Die wahrscheinlich schwerwiegendste Verschärfung des Nachweisgesetzes besteht in der Einführung erheblicher Sanktionen beim Verstoß gegen die Arbeitgeberpflichten aus dem Nachweisgesetz. Pro Verstoß droht Arbeitgebern nun ein Bußgeld von bis zu 2.000 EUR, wobei der Verstoß in der Nichtumsetzung, in der Umsetzung in der falschen Form sowie in der fehlerhaften, unvollständigen oder verspäteten Umsetzung bestehen kann.

Da der neu eingeführte Ordnungswidrigkeitstatbestand einen Gewerbe- bzw. Unternehmensbezug aufweist, muss zusätzlich damit gerechnet werden, dass hierauf auch eine Eintragung in das Gewerbezentralregister erfolgen kann.

Anwendbarkeit: Alt- und Neuverträge

Hinsichtlich der Anwendung des neuen Nachweisgesetzes muss zwischen Alt- und Neuverträgen unterschieden werden. So greifen die neuen Vorschriften zunächst für alle Arbeitsverträge, die dem ab 01.08.2022 neu geschlossen werden. Bestehende Arbeitsverträge, deren wichtigste Vertragsbedingungen nach den bisherigen Vorschriften des Nachweisgesetzes fixiert sind, müssen Arbeitgeber allerdings auf Verlangen von Beschäftigten auch in die neue detailliertere Form bringen. Das gilt ebenfalls, wenn Änderungen im Arbeitsverhältnis erfolgen.

Formvorgaben – schriftlich aushändigen.

Zwar sind in der noch anstehenden abschließenden Bundesratssitzung theoretisch Änderungen möglich, diese sind aber aus unserer Sicht nicht bei wesentlichen Punkten zu erwarten.

Insofern besteht jetzt bereits akuter Handlungsbedarf, da die Änderungen bereits zum 01.08.2022 umgesetzt werden müssen.

Unser Arbeitsrechtsteam unterstützt Sie gerne bei der Überarbeitung Ihrer Vertragsmuster und steht natürlich auch zu sämtlichen sonstigen Fragen rund um die Reform des Nachweisgesetzes gerne zur Verfügung.

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