Offene Fragen zur Auslegung der neuen Apothekenbetriebsordnung geklärt?
Seit Inkrafttreten der neuen Apothekenbetriebsordnung sind viele Auslegungsfragen streitig, da die Aufsicht der Apotheken in der Hoheit der einzelnen Bundesländer liegt. Dem Wunsch der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände und der Bundesapothekerkammer nach einer weitgehend harmonisierten Auslegung ist die Arbeitsgruppe „Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen“ (AATB), die aus Vertretern der Landesaufsichtsbehörden besteht, nachgekommen und hat einen Frage-Anwort-Katalog zur Umsetzung der Neuregelungen erstellt.
Wenn auch hiernach viele Fragen geklärt sein dürften, bleibt zu einzelnen Punkten weiterhin Interpretationsspielraum. Dabei könnte in der Zukunft die in § 4 Abs. 2 a ApBetrO geregelte Barrierefreiheit, insbesondere hinsichtlich der Umrüstung bestehender Apotheken, ein Streitpunkt sein.
Problematisch bleibt auch die in § 20 ApBetrO geregelte Beratungspflicht im Hinblick auf die Abgabe von Arzneimitteln im erlaubten Versand nach § 11 a ApoG. Den Angaben der AATB zufolge wird in § 20 Abs. 1 ApBetrO kein Unterschied zwischen der Beratung im Versand und in der Offizin gemacht. Die Anforderungen sind daher identisch. Dies bedeutet auch im Versandhandel eine Nachfrageverpflichtung. Demgegenüber hat der Gesetzgeber bei der Einführung des Versandhandels eine Ausnahme von der persönlichen Beratung zugelassen. Nach der Rechtsprechung erfüllt zudem die Beratung mittels Telekommunikationstechnik nicht die Anforderungen einer persönlichen Beratung. Wie ist dies dann mit der in § 17 Abs. 2 a Nr. 7 ApBetrO geregelten Angabe der Kundentelefonnummer als Belieferungsvoraussetzung in Einklang zu bringen?
Bei der Zustellung per Botendienst im Einzelfall sieht der AATB bei der Auslegung der Apothekenbetriebsordnung eine persönliche Beratungspflicht. Eine telefonische Beratung ist nur im Ausnahmefall möglich. Auch diese Auslegung ist mit Blick auf
§ 17 Abs. 2 a Nr. 7 Ap-BetrO nicht zwingend nachvollziehbar. Zudem ist die Feststellung, ob es sich um einen Einzelfall handelt, nicht numerisch, sondern danach zu treffen, ob der Botendienst generell oder nur auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten angeboten wird.
Für die Heimversorgung ist zu beachten, dass das berufs- und gewerbsmäßige patientenindividuelle Stellen/Verblistern außerhalb der Apothekenbetriebsräume eine Herstellungserlaubnis nach § 13 Abs. 1 AMG für das Heim erfordert. Zudem unterliegen die außerhalb der Apotheke patientenindividuell verblisterten Arzneimittel grundsätzlich der Zulassungspflicht.
Einschränkungen werden auch mit Blick auf das Nebensortiment gemacht. Maßgeblich ist der Gesundheitsbezug, der z. Bsp. bei Kosmetikbehandlungen in der Regel als nicht gegeben angesehen wird. Im Weiteren wird zur Abgrenzung auf den Umfang im Einzelfall abgestellt, der den ordnungsgemäßen Betrieb der Apotheke und den Vorrang des Arzneimittelversorgungsauftrages nicht beeinträchtigen darf.Trotz des Frage-Antwort-Katalogs werden sich daher im Apothekenalltag in Zukunft offene Fragestellungen ergeben, die es zu klären gilt.
Grit Hofmann
Rechtsanwältin