Update Mindestlohn: Gesetzlicher Mindestlohn auch für Bereitschaftszeiten zu leisten
Liebe Leserin,
lieber Leser,
aus aktuellem Anlass möchten wir Sie über ein brandneues Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Thema Mindestlohn informieren.
Das Bundesarbeitsgericht hält fest, dass zur vergütungspflichtigen Arbeit auch Bereitschaftszeiten zu rechnen sind, während derer sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort - innerhalb oder außerhalb des Betriebs - bereit halten muss, um bei Bedarf die Arbeit aufzunehmen. Der gesetzliche Mindestlohn ist für jede und damit auch für die in vorbeschriebener Weise geleisteten Arbeitsstunden zu zahlen.
Der Kläger des streitgegenständlichen Verfahrens war als Rettungsassistent im Rahmen einer 4-Tage-Woche in 12-Stunden-Schichten druchschnittlich 48 Stunden wöchentlich beschäftigt. Es fallen regelmäßig Bereitschaftszeiten an. Das Bruttomonatsgehalt des Pflegers beläuft sich auf 2.680,31 EUR nebst Zulagen.
Der Kläger machte geltend, die Beklagte vergüte Bereitschaftszeiten nicht mit dem gesetzlichen Mindestlohn. Durch das Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes sei die arbeitsvertraglich einbezogene tarifliche Vergütungsregelung unwirksam geworden. Deshalb stehe ihm die übliche Vergütung von 15,81 EUR brutto je Arbeitsstunde zu. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Auch das Bundesarbeitsgericht hielt den geltend gemachten Anspruch für nicht begründet.
Dem Kläger stehe für seine im Januar und Februar 2015 geleisteten Bereitschaftszeiten keine weitere Vergütung zu. Zwar sei Bereitschaftszeit mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten, der Anspruch des Klägers hierauf sei aber erfüllt. Bei maximal 228 Arbeitsstunden, die der Kläger mit Vollarbeit und Bereitschaftszeiten in einem Monat tatsächlich leisten kann, erreiche die gezahlte Monatsvergütung den gesetzlichen Mindestlohn nicht nur, sondern übersteige ihn. Ein Anspruch auf weitere Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB bestehe nicht. Folglich sei die arbeitsvertraglich einbezogene tarifliche Vergütungsregelung nicht wegen des Inkrafttretens des Mindestlohngesetzes unwirksam geworden.
Praxistipp
Mit der zweiten Entscheidung zum am 01.01.2015 eingeführten Mindestlohngesetz stellt das Bundesarbeitsgericht - auch wenn der Kläger des Verfahrens schlussendlich ein Anspruch nicht zugesprochen wurde - klar, dass für Bereitschaftszeiten der gesetzliche Mindestlohn von derzeit 8,50 EUR zu leisten ist. Diese Entscheidung sorgt nunmehr in Branchen, die auf Mitarbeiter im Bereitschaftsdienst angewiesen sind, für Rechtssicherheit im Hinblick auf die Veränderungen durch das Mindestlohngesetz.
In diesem Zusammenhang möchten wir auch darauf hinweisen, dass die Mindestlohnkommission am 28.06.2016 beschlossen hat, der Bundesregierung eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 8,84 EUR brutto je Stunde vorzuschlagen. Es ist davon auszugehen, dass die Bundesregierung diesem Vorschlag folgen wird und den gesetzlichen Mindestlohn per Rechtsverordnung zum 01.01.2017 entsprechend anhebt. Hierüber werden wir Sie selbstverständlich informiert halten.
Mit den besten Grüßen aus Heidelberg
Ihr Arbeitsrechtsteam
Tiefenbacher